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Was ist die KARUNA Sozialgenossenschaft?

Die Idee, eine Genossenschaft zu gründen, entwickelte sich aus den Erfahrungen von drei Jahrzehnten des 1990 in Ostberlin gegründeten KARUNA Zukunft für Kinder und Jugendliche in Not Int. e.V.

Wir mussten feststellen, dass viele Jugendliche mit Ausgrenzungserfahrungen trotz ihrer erheblichen Bemühungen in der Regel nicht zur Mehrheitsgesellschaft aufschließen können. Für viele der Jugendlichen (z.B. aus der Jugendhilfe) sind Bildungswege versperrt und gelingt zu oft keine Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Um ihre Talente zu fördern und ihre Potentiale zu entfalten, haben wir uns die Genossenschaftsform zunutze gemacht. Hier sind sie als Mitglieder, Miteigentümer:innen und Angestellte Teil einer größeren Inklusionsgemeinschaft. In der Genossenschaft setzen wir uns mit Zukunftsthemen auseinander, die zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen. Bei allem, was wir tun, wollen wir die planetaren Grenzen respektieren und müssen daher auch in diesem Kontext den Klimawandel als eine noch nie dagewesene Herausforderung sehr ernst nehmen.

Wie werden Sie gefördert? Arbeiten Sie mit dem Berliner Senat zusammen?

Zur Finanzierung unserer Arbeit kooperieren wir mit unterschiedlichen Stellen, je nach Themengebiet und Wirkungsort der jeweiligen Projekte. Wir sehen uns mit unserer Genossenschaft und ihren über 110 Mitgliedern als Teil der Zivilgesellschaft, dabei sind staatliche Institutionen für uns sehr wichtige Partner.

So arbeiten wir vertrauensvoll und lösungsorientiert mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin zusammen. Wir haben aber auch Schnittmengen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, insbesondere zu den Themen Wasser und Klimawandel – aufgrund der steigenden Temperaturen in den Großstädten und zum Schutz älterer Menschen und von Menschen ohne Obdach in Berlin.

Genauso wichtig sehen wir unsere Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, innerhalb des Programms „Demokratie Leben“, um insbesondere jungen Menschen zu helfen, politischen Ausdruck zu finden und sich „radikaldemokratisch“ zu Wort zu melden.

Nehmen wir an staatlichen Förderprogrammen teil, gelten auch für die gemeinnützig anerkannte Sozialgenossenschaft die entsprechenden Förderrichtlinien des Bundes und der Länder, mit Kontrolle durch das Parlament und die entsprechenden Verwaltungen.

Dabei arbeiten der Vorstand und alle anderen Gremien der Genossenschaft ausschließlich ehrenamtlich.

Arbeitet KARUNA auch mit Unternehmen zusammen?

Grundsätzlich sprechen wir mit allen denkbaren Kooperationspartnern innerhalb unserer Gesellschaft, soweit die Kooperation das Potenzial besitzt, soziale Gerechtigkeit zu fördern. Denn wir sind überzeugt, dass es möglich ist, über die Zusammenarbeit mit Unternehmen positiven Einfluss auszuüben. In einem solchen Prozess des „Wandels durch Annäherung“ ist der Einfluss von Organisationen der Zivilgesellschaft auf Unternehmen nicht zu unterschätzen. Ein Beispiel: Im Konflikt um die Nutzung des ehemaligen Umspannwerkes in Kreuzberg durch Google sind wir durch intensive Gespräche zu einer guten Lösung gekommen, die den Konflikt im Stadtteil löste und den Ort in ein Zentrum für die engagierte Zivilgesellschaft verwandelte. Dabei waren die Sorgen um eine weitere Verteuerung der Gewerbe- und Wohnmieten im Kiez durch ein „Office“ des Unternehmens im Kiez Kreuzberg absolut berechtigt. Die Proteste der Initiativen vor Ort haben in Kombination mit den intensiven Gesprächen zu einer für alle Beteiligten wertvollen Lösung geführt.

Zu den Organisationen, mit denen wir gern zusammenarbeiten, gehören aber auch strategische Partner wie die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die GLS Bank in Bochum, die Wasserbetriebe Berlins, das Unternehmen rebuy oder das Ashoka Netzwerk in Deutschland.

Was ist Euer „Reallabor zur Transformation der Gesellschaft(en)“?

Zusammen mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und anderen haben wir ein Reallabor gegründet, um Experimentierräume für praktische Lösungen zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen zu schaffen und diese in die Tat umzusetzen. Als ein Zusammenschluss von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaftsunternehmen wie beispielsweise rebuy und GLS Bank, erproben und verstetigen wir soziale, ökologische, technologische sowie ökonomische Innovationen in der Stadt, auf dem Land und in der Welt. Wir verstehen das Reallabor als einen Ort der Begegnung, des Dialogs und der Veränderung.

In dieser Forschungs- und Entwicklungseinrichtung ist Inklusion inklusive. Wir entwickeln in unserem Reallabor zukunftsweisende Ideen, die wir in der Realität ausprobieren, und das gemeinsam mit Menschen, die wissen, wie es ist, am Rand der Gesellschaft gelebt zu haben. Ihre Erfahrungen sind ein Teil der gemeinsamen Expertise. Im Reallabor denken und gestalten wir eine Zukunft, die die planetaren Grenzen respektiert und gleichzeitig soziale Gerechtigkeit herzustellen versucht. Die Arbeit des Reallabors sehen wir als einen Beitrag für eine radikaldemokratische Umgestaltung unserer Gesellschaft(en).

Im Winter 2020 kam es zu einer Räumung der Rummelsburger Bucht. Die KARUNA Task Force war ebenfalls vor Ort.

Die Task Force Berlin ist ein Peer Projekt und Bestandteil des Programms zum Solidarischen Grundeinkommens der Stadt Berlin. Die in der Karuna Task Force arbeitenden Kolleg:innen sind als Obdachlots:innen eingesetzt. Einige von ihnen haben in ihrem Leben selbst Ausgrenzungserfahrungen durchgemacht. Vielleicht auch deshalb können sie sich besonders empathisch in die Lage anderer versetzen. Daher auch sind wir vom Bezirk Lichtenberg und dem Land Berlin gebeten worden, bei der Evakuierung der Rummelsburger Bucht behilflich zu sein. Es gab einen harten Wintereinbruch mit Temperaturen von über -18 Grad und extremen Schneefall. Es galt, rund 80 Menschen, die in der Bucht in Zelten, unter Planen und in Holzverschlägen lebten, vor einem Kältetod zu bewahren. Unsere Mitarbeiter:innen haben in der Nacht der Evakuierung einfühlsam Gespräche mit den Betroffenen geführt, um eine Eskalation abzuwenden – was auch gelang. Mit BVG-Bussen und der Unterstützung des Technischen Hilfswerks wurden die Menschen, darunter Kinder aus Rumänien, friedlich in einer Wärmehalle in Sicherheit gebracht. Am Abend darauf konnten alle bis zum April 2021 in ein von der Stadt angemietetes Hostel ziehen.

Uns war bewusst, dass wir für unseren Einsatz nicht nur Anerkennung erhalten werden, da die Rummelsburger Bucht als ein Symbol des Kampfes gegen die Gentrifizierung der Stadt steht, doch stand für uns die Sicherheit der Menschen im Vordergrund. Dass am darauffolgenden Tag unter Einsatz von Baggern das Areal an der Rummelsburger Bucht beräumt wurde, findet bis heute unsere Ablehnung.